Ein bekannter „Unbekannter“ - Ausstellungseröffnung „Wolfgang Menninger“ im Museum Heppenheim
Viele Heppenheimer kennen das Logo der Bücherstube May, auch Prospekte mit kleinen Cartoons der beliebten Buchhandlung haben zahlreiche Kunden, wahrscheinlich eher „unbewusst“, schon einmal in Händen gehalten.
Dass aber der Künstler Wolfgang Menninger, der diese Werbemittel für die Buchhandlung seiner Frau einst gestaltete, ein umfangreiches malerisches, zeichnerisches und fotografisches Oeuvre hinterlassen hat, wissen nur die wenigsten.
Und so ist die Ausstellung einer Auswahl seiner Werke, die am Sonntag, dem 18.02.2024 im Sonderausstellungsraum des Museums Heppenheim eröffnet wurde, eine echte Überraschung und eine Entdeckung von besonderer Qualität. Denn die Arbeiten von Wolfgang Menninger ließen sich durchaus in die „erste künstlerische Riege“ seiner Generation einordnen, wenn er es denn geschafft hätte, sich zu vermarkten. Wahrscheinlich wollte er dies aber auch gar nicht. Denn seine Arbeit beschränkte sich weitgehend auf die „splendid isolation“ seines Ateliers. Und so ist er bis heute in der Kunstszene und auch in Heppenheim ein bekannter „Unbekannter“ geblieben.
Wolfgang Menninger, geb. 1936 in Heppenheim, studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in München und Frankfurt. Nach seinem Studium gab er sich intensiv der Malerei hin und arbeitete als Bühnenbildner in Frankfurt, Rendsburg und Hamburg. Seine erste größere Ausstellung fand 1960 in München statt.
Ende der 60er Jahre kehrte er nach Heppenheim zurück, wo er in großer Zurückgezogenheit seine künstlerische Arbeit wiederaufnahm. Bis zu seinem Tod im Jahr 2011 entstanden hunderte von Leinwänden und noch mehr Zeichnungen. Auch die Fotografie nahm einen immer größeren Stellenwert ein.
Irene Menninger und ihre Tochter Anna haben aus diesem riesigen Konvolut nun eine kleine Auswahl für das Museum Heppenheim zusammengestellt.
Die Vernissage wurde mit einem Grußwort von Bürgermeister Rainer Burelbach eröffnet, der insbesondere der Heppenheimer Museumsleiterin Luisa Wipplinger dafür dankte, dass sie den „Unbekannten“ ans Tageslicht geholt und ihm im Museum eine Plattforme eröffnet hat. Entsprechend zahlreich und neugierig waren auch die Besucher zur Vernissage in den Marstall des Kurmainzer Amtshofs gekommen, der die vielen Gäste kaum fassen konnte.
Umrahmt wurde die Veranstaltung von Christian Seeger am Saxophon und Maurice Kühn am Kontrabass mit Jazz-Standards, einer musikalischen Ausdrucksform, die Wolfgang Menninger neben der klassischen Musik besonders schätzte. Allein um die beiden zu hören, hätte sich der Weg in den Marstall schon gelohnt, betonte Irene Menninger in ihrer kurzen Dankesrede am Ende der Eröffnung.
In seiner Laudatio, die den Kern der Veranstaltung bildete, ging der Darmstädter Kunsthistoriker Dr. Roland Held sehr kenntnisreich, intensiv und sprachlich differenziert auf die Arbeiten von Wolfgang Menninger ein. „Erstaunlich, wie man mit solchen Worten den Geist der Bilder erfassen und ausdrücken kann“, war der während des Vortrags leise geflüsterte Kommentar eines Besuchers.
„Der Leib, das Glied, die Haut, das Blut, die Nerven, das Fleisch“, so begann Roland Held seinen Vortrag. Und er traf damit genau den thematischen Umkreis, in dem sich die Arbeiten von Wolfgang Menninger bewegen. Es ist die „leidenschaftliche Beschäftigung mit dem menschlichen Körper, in seiner anatomischen Richtigkeit ebenso wie in den tollsten Verwandlungen“. Selbst die pflanzlichen Motive erweisen sich in seinen Zeichnungen als zweideutig und „mutieren zu phallischen und vulvischen Organen, aufgeladen mit Sexualsymbolik. Wohin man schaut, vollziehen sich Metamorphosen zwischen botanischer und Humanbiologie, bis hin zur komplexen Körperlandschaft“, so Roland Held.
Tabulos und ohne Kompromisse hat Wolfgang Menninger eine „radikale Sicht auf die Physiologie und auch die Psychologie des Wesens Mensch entwickelt“ – und dies nicht etwa im Sinne des künstlerischen Naturalismus, sondern mit expressiven Gebärden und den bildnerischen Mitteln, die eigentlich der gegenstandslosen Malerei entlehnt sind. Freie autonome Lineaturen, gestische Pinselhiebe und eine teilweise radikale Flächigkeit bestimmen die Zeichnungen und Malereien.
Damit steht Wolfgang Menninger durchaus in Übereinstimmung mit seinen Generationsgenossen und der Strömung der sog. „Neuen Figuration“, die sich in den frühen 60er Jahren mit den Zentren in Hamburg oder Karlsruhe entwickelte. Roland Held verwies dabei auf Namen, wie Horst Janssen, Dieter Krieg und Horst Antes, ebenfalls aus Heppenheim gebürtig und wie Wolfgang Menninger Jahrgang 1936.
Ein Hinweis auf den großen englischen Einzelgänger Francis Bacon sei hier ebenfalls gestattet, dessen Einfluss vor allem in den beiden großen Dyptichen sichtbar wird, die an den Rückwänden des Ausstellungsraumes einen besonderen Blickfang bilden.
Mit dem Hinweis „Vorsicht, keine leichte Kost!“ und dem Gedicht „Schreien“ von Karl Krolow, den Wolfgang Menninger sehr schätzte und vielleicht als seelenverwandt empfand, beendete Roland Held seinen eindrucksvollen Vortrag.
Irene Menninger dankte zum Schluss allen Beteiligten.
Es bleibt zu hoffen, dass die Ausstellung zu einem späteren Zeitpunkt eine Fortsetzung findet, so dass aus dem umfangreichen Konvolut des künstlerischen Erbes von Wolfgang Menninger weiteren Aspekte seines Werkes einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich werden.
Erich Henrich
Dass aber der Künstler Wolfgang Menninger, der diese Werbemittel für die Buchhandlung seiner Frau einst gestaltete, ein umfangreiches malerisches, zeichnerisches und fotografisches Oeuvre hinterlassen hat, wissen nur die wenigsten.
Und so ist die Ausstellung einer Auswahl seiner Werke, die am Sonntag, dem 18.02.2024 im Sonderausstellungsraum des Museums Heppenheim eröffnet wurde, eine echte Überraschung und eine Entdeckung von besonderer Qualität. Denn die Arbeiten von Wolfgang Menninger ließen sich durchaus in die „erste künstlerische Riege“ seiner Generation einordnen, wenn er es denn geschafft hätte, sich zu vermarkten. Wahrscheinlich wollte er dies aber auch gar nicht. Denn seine Arbeit beschränkte sich weitgehend auf die „splendid isolation“ seines Ateliers. Und so ist er bis heute in der Kunstszene und auch in Heppenheim ein bekannter „Unbekannter“ geblieben.
Wolfgang Menninger, geb. 1936 in Heppenheim, studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in München und Frankfurt. Nach seinem Studium gab er sich intensiv der Malerei hin und arbeitete als Bühnenbildner in Frankfurt, Rendsburg und Hamburg. Seine erste größere Ausstellung fand 1960 in München statt.
Ende der 60er Jahre kehrte er nach Heppenheim zurück, wo er in großer Zurückgezogenheit seine künstlerische Arbeit wiederaufnahm. Bis zu seinem Tod im Jahr 2011 entstanden hunderte von Leinwänden und noch mehr Zeichnungen. Auch die Fotografie nahm einen immer größeren Stellenwert ein.
Irene Menninger und ihre Tochter Anna haben aus diesem riesigen Konvolut nun eine kleine Auswahl für das Museum Heppenheim zusammengestellt.
Die Vernissage wurde mit einem Grußwort von Bürgermeister Rainer Burelbach eröffnet, der insbesondere der Heppenheimer Museumsleiterin Luisa Wipplinger dafür dankte, dass sie den „Unbekannten“ ans Tageslicht geholt und ihm im Museum eine Plattforme eröffnet hat. Entsprechend zahlreich und neugierig waren auch die Besucher zur Vernissage in den Marstall des Kurmainzer Amtshofs gekommen, der die vielen Gäste kaum fassen konnte.
Umrahmt wurde die Veranstaltung von Christian Seeger am Saxophon und Maurice Kühn am Kontrabass mit Jazz-Standards, einer musikalischen Ausdrucksform, die Wolfgang Menninger neben der klassischen Musik besonders schätzte. Allein um die beiden zu hören, hätte sich der Weg in den Marstall schon gelohnt, betonte Irene Menninger in ihrer kurzen Dankesrede am Ende der Eröffnung.
In seiner Laudatio, die den Kern der Veranstaltung bildete, ging der Darmstädter Kunsthistoriker Dr. Roland Held sehr kenntnisreich, intensiv und sprachlich differenziert auf die Arbeiten von Wolfgang Menninger ein. „Erstaunlich, wie man mit solchen Worten den Geist der Bilder erfassen und ausdrücken kann“, war der während des Vortrags leise geflüsterte Kommentar eines Besuchers.
„Der Leib, das Glied, die Haut, das Blut, die Nerven, das Fleisch“, so begann Roland Held seinen Vortrag. Und er traf damit genau den thematischen Umkreis, in dem sich die Arbeiten von Wolfgang Menninger bewegen. Es ist die „leidenschaftliche Beschäftigung mit dem menschlichen Körper, in seiner anatomischen Richtigkeit ebenso wie in den tollsten Verwandlungen“. Selbst die pflanzlichen Motive erweisen sich in seinen Zeichnungen als zweideutig und „mutieren zu phallischen und vulvischen Organen, aufgeladen mit Sexualsymbolik. Wohin man schaut, vollziehen sich Metamorphosen zwischen botanischer und Humanbiologie, bis hin zur komplexen Körperlandschaft“, so Roland Held.
Tabulos und ohne Kompromisse hat Wolfgang Menninger eine „radikale Sicht auf die Physiologie und auch die Psychologie des Wesens Mensch entwickelt“ – und dies nicht etwa im Sinne des künstlerischen Naturalismus, sondern mit expressiven Gebärden und den bildnerischen Mitteln, die eigentlich der gegenstandslosen Malerei entlehnt sind. Freie autonome Lineaturen, gestische Pinselhiebe und eine teilweise radikale Flächigkeit bestimmen die Zeichnungen und Malereien.
Damit steht Wolfgang Menninger durchaus in Übereinstimmung mit seinen Generationsgenossen und der Strömung der sog. „Neuen Figuration“, die sich in den frühen 60er Jahren mit den Zentren in Hamburg oder Karlsruhe entwickelte. Roland Held verwies dabei auf Namen, wie Horst Janssen, Dieter Krieg und Horst Antes, ebenfalls aus Heppenheim gebürtig und wie Wolfgang Menninger Jahrgang 1936.
Ein Hinweis auf den großen englischen Einzelgänger Francis Bacon sei hier ebenfalls gestattet, dessen Einfluss vor allem in den beiden großen Dyptichen sichtbar wird, die an den Rückwänden des Ausstellungsraumes einen besonderen Blickfang bilden.
Mit dem Hinweis „Vorsicht, keine leichte Kost!“ und dem Gedicht „Schreien“ von Karl Krolow, den Wolfgang Menninger sehr schätzte und vielleicht als seelenverwandt empfand, beendete Roland Held seinen eindrucksvollen Vortrag.
Irene Menninger dankte zum Schluss allen Beteiligten.
Es bleibt zu hoffen, dass die Ausstellung zu einem späteren Zeitpunkt eine Fortsetzung findet, so dass aus dem umfangreichen Konvolut des künstlerischen Erbes von Wolfgang Menninger weiteren Aspekte seines Werkes einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich werden.
Erich Henrich